Eindrücke von der Biofach | Nürnberg
Auf der 21. Biofach in Nürnberg gibt es alles außer Genfood und Atomstrom.
Firmen wie Natur Energie erläutern mir, wie sie ihr neues Wasserkraftwerk am Hochrhein bauen, und dass man von ihnen deutschlandweit Strom aus 100 % Wasserkraft beziehen kann. Das Modell ist spannend aber ich unterschreibe vor Ort keinen neuen Vertrag. Gern hätte ich noch mehr darüber erfahren, wie das neue Wasserkraftwerk arbeitet, doch der Mann ist ein guter Verkäufer und erklärt mir lieber Einzelheiten über seine Verträge.
Mein nächster Besuch ist die Druckerei Lokay, die seit dem Jahr 2005 ihre gesamte Produktion auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung umgestellt hat. Kunden erhalten somit zertifizierte umweltfreundliche Printprodukte. Lokay gibt eine ringgeheftete Papierkollektion mit Druckbeispielen von über 50 verschiedenen ressourcenschonenden Papieren heraus. Die sollte eigentlich jeder Designer haben. Darunter sind viele Recyclingpapiere. Aber auch Lokay sagt, dass man bei einigen Kunden immer noch sehr viel Überzeugungsarbeit leisten muss, bevor sie einem Recyclingpapier über den Weg trauen.
Ein großer Schwerpunkt der Messe ist das Thema organic & fair. Noch lange nicht, sind alle Bioprodukte auch fair gehandelte Produkte. Zu diesem Thema stellt der Weltladen in Halle 5 seine neue Kampagne öko+fair vor.
Die Konsumflut greift schon lange auf die Biobranche über. Es gibt so viele kleine Produkte, die in den großen Markt wollen, die danach lechzen, von großen Ketten ins Sortiment genommen zu werden. So fragte mich ein spanischer Pfefferminzbonbon-Hersteller, ob er lieber zu Rapunzel oder zu Dennree gehen sollte …
Ich trinke vorzüglichen Gepa Kaffee und beschließe jetzt Ausschau nach schönen Dingen und Verpackungen zu halten. Das Mitzi Blue-Zotter-Regal könnte so direkt in der Mainzer Gutenberg-Buchhandlung stehen. Wunderbare Typografie für Schokoladen CDs. Bio-BackHaus überzeugt mit seinen leuchtenden Dominostein-Verpackungen, die auch im Geschmackstest mit sehr gut abschneiden. Die Spanier liefern wunderbare Infografiken über saisonale und regionale Produkte.
Und natürlich gibt es noch Mode und Kinderkleidung und Schuhe und Kosmetik und Windeln, Reinigungsmittel, Werbeartikel, Yogabedarf, Banken, Unternehmen, bei denen man seine eigene Firma zum klimafreundlichem Unternehmen zertifizieren lassen kann, Wandfarbe, Bodenbeläge, ich glaube, es gibt alles – sogar Bionade.
Bionade hat 2007 noch damit geworben, das offizielle Getränk für eine bessere Welt zu sein. Auf der Biofach präsentiert sich die Bionade Fee in der Bionade Lounge. Am Tresen sitzen Männer im Anzug und ältere rauchende Damen. Von dem einstigen Spirit spüre ich nichts mehr. Bionade ist Mainstream. Vielleicht sollten wir einfach wieder Apfelschorle zu trinken – und zwar die Selbstgemischte.